Tagebuch eines Stadtradeln-Star's

Tagebuch eines Stadtradeln-Star's

An der bundesweiten Aktion „Stadtradeln“ beteiligt sich in diesem Jahr erstmals auch der Landkreis Teltow Fläming. Fast schon selbstverständlich ist es für die Stadt Trebbin, sich ebenfalls aktiv daran zu beteiligen. Neben den zahlreichen Trebbiner Bürgerinnen und Bürgern, die in dem Aktionszeitraum vom 1.9. bis 21.09.2018 ihre geradelten Kilometer aufschreiben und online erfassen, hat sich Trebbins Bürgermeister Thomas Berger darüber hinaus entschieden, als sogenannter Star-Radler zu beteiligen. Für die bundesweit insgesamt 137 Star-Radler gelten verschärfte Bedingungen. Drei Wochen lang dürfen Star-Radler lediglich das Fahrrad und öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Tagebuchartig hält Thomas Berger drei Wochen lang seine Erfahrungen fest.

Woche 1

Samstag, 1.9.2018. Heute beginnt die dreiwöchige Aktion als Star-Radler. Auf was habe ich mich da nur eingelassen? In einer Metropole sicherlich keine große Herausforderung, da alles irgendwie vor Ort erreichbar ist. Aber ich wohne im 10 km vom Trebbiner Zentrum entfernten Stangenhagen. Da heißt es genau zu planen. Die demonstrative Abgabe meines Autoschlüssels ist für 13.00 h vorgesehen. Ich muss also zusehen, dass ich für die nächsten 3 Wochen zumindest schwer transportierbare Lebensmittel zuhause bunkere. 30 Flaschen Mineralwasser, Milch, Obst, meine tägliche Ration Skyr Trinkjoghurt und ausreichend Toilettenpapier und Waschmittel bringe ich gerade noch mit dem Auto nach Hause, bevor es ernst wird. Das muss reichen, der Rest passt ja im Laufe der Zeit auch in einen Rucksack.

Um 13.00 h Treffen mit ca. 15 Bürgerinnen und Bürgern auf dem Marktplatz zur symbolischen Auftaktfahrt nach Luckenwalde. Wir warten noch auf den Bürgermeister Andreas Igel aus Ludwigsfelde. 14:00 h geht es los nach Luckenwalde. Das Wetter ist sonnig, nicht zu warm, ideales Fahrradwetter. In einer guten Stunde ist es geschafft. Leider kann ich nicht lange bleiben, denn um 18:00 h warten 50 Elektroautofahrer in Kliestow auf ein Grußwort des Bürgermeisters. Die Landrätin hat sich auch angesagt. Aber ich muss mich umziehen. Im Sport Trikot neben der Landrätin macht kein gutes Bild. Die erste große Herausforderung: in 90 Minuten von Trebbin nach Stangenhagen, umziehen und zurück bis nach Kliestow ... auf dem Weg nach Hause stelle ich fest, dass ich das Dorffest in Schönhagen total vergessen hatte. Ich kann da nicht einfach vorbei fahren, als wenn es mich nichts angeht. Eine halbe Stunde muss möglich sein. Doch die Zeit wird eng, die Landrätin soll ja nicht warten müssen. Zum Glück hilft mir dabei die Motorunterstützung meines Pedelecs, welche mir eine angenehme Reisegeschwindigkeit von etwa 24 km/h erlaubt. 17.59 h erreiche ich Kliestow. Geht doch ... Danach ist noch Kameradschaftsabend der Freiwilligen Feuerwehr, ich kann es ruhig angehen, der Veranstaltungsort ist ebenfalls Kliestow. Am Abend habe ich 78 Kilometer zusammengeradelt.

Sonntag, 2.9.2018. Auf dem Terminplan steht Potsdam, Benennung einer Straßenbahn nach unserer Partnerstadt Weil am Rhein. Der Oberbürgermeister Wolfgang Dietz aus Weil am Rhein wird persönlich in Potsdam anwesend sein. In den letzten Jahren hat es mich persönlich nie wirklich betroffen, aber jetzt stelle ich fest, wie kompliziert es ist, mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Trebbin nach Potsdam zu gelangen. Von Trebbin bis Ludwigsfelde mit dem Regionalexpress, in Ludwigsfelde umsteigen in den Bus, um zum Bahnhof Struveshof zu gelangen. Man kann allerdings auch das Fahrrad mitnehmen, um die Strecke zwischen den beiden Ludwigsfelder Bahnhöfen zu überbrücken. Von Struveshof fährt dann stündlich ein Regionalexpress nach Potsdam. Mir wird klar, wie wichtig ein zusätzlicher Umsteigebahnhof in Ludwigsfelde ist, den ich bei Diskussionen über den ÖPNV immer mal wieder anmahne. Das wäre dann die direkte Umsteigemöglichkeit sowohl nach Potsdam, aber insbesondere auch zum BER (wenn dieser denn dann mal fertig wird).

Montag, 3.9.2018. Ein entspannter, erster Büroarbeitstag als Star-Radler. Das Wetter spielt immer noch mit, die 20-minütige Fahrt zur Arbeit macht nicht nur Spaß, sie macht auch so richtig wach und ist dazu noch gesünder, als mit dem Auto. Und all diese Vorteile nehmen nur fünf Minuten mehr Anfahrtzeit in Anspruch. Das lohnt sich allemal. Nachmittags habe ich einen Termin mit Anzugordnung. Aber ich habe vorgesorgt, ein Anzug, ein weißes Hemd, Krawatte und passende Schuhe hängen schon im Bürokleiderschrank bereit, genau für solche Fälle. Nach Feierabend noch ein kurzer Stop im Biergarten der Priedel-Gaststätte, ein alkoholfreies Hefeweizen zum auftanken der Mineralstoffe, bevor es weiter geht nach hause, der untergehenden Sonne entgegen ...

Dienstag, 4.9.2018. Ich beginne schon, mich an den Autoverzicht zu gewöhnen. Zur Zeit fehlt es mir gar nicht. Das Wetter bleibt weiter stabil und Termine nur innerhalb der Stadt, die ich locker und entspannter mit den Rad erledigen kann. Bei dem fast schon zur Regel gewordenen Verkehrsstau in der Innenstadt bin ich sogar froh, mit dem Rad unterwegs zu sein, denn ich spare gerade viel Zeit und schone meine Nerven dadurch.

Mittwoch, 5.9.2018. Um 9:30 h habe ich einen Termin in Luckenwalde. Seit vergangenem Samstag weiß ich, dass man dafür eine Stunde mit dem Rad benötigt. Ich entscheide mich dafür, mit dem Rad bis zum Trebbiner Bahnhof zu fahren, um dann mit dem 9:04 h-Regionalexpress in acht Minuten den Luckenwalder Bahnhof zu erreichen. Das mitgenommene Fahrrad ermöglicht mir die Weiterfahrt zum Zielort, den ich mehr als pünktlich erreiche.

Donnerstag, 6.9.2018. Ein sonniger, nicht zu warmer Arbeitstag in Trebbin. Ich habe mich ans Rad als Hauptverkehrsmittel gewöhnt. Nach Feierabend kaufe ich Brot, Käse und sechs Eier, die locker in den Rucksack passen, um dann wieder dem Sonnenuntergang entgegen zu fahren.

Freitag, 07.09.2018. Ein nach fast acht Wochen Trockenperiode ungewöhnliches Geräusch begrüßt mich beim Aufwachen. Ist das Regen? Ja, Regen, und ziemlich heftig. Ich habe einen Termin in Ludwigsfelde. Eigentlich wollte ich die Strecke mit dem Rad testen. Von Stangenhagen über Blankensee, Jütchendorf und Siethen eine traumhafte schöne Naturstrecke, leider immer noch ohne Radweg. Der Regen läßt mich aber umdisponieren. Ich entscheide mich, nur bis zum Bahnhof nach Trebbin nass zu werden, um dann den Rest mit dem Regionalexpress zu erledigen. Zum Glück habe ich Regenkleidung, sogar mit Schutz für die Schuhe ... Während der Fahrt von Stangenhagen zum Bahnhof wird mir allerdings klar, warum ich Steckschutzbleche für mein ansonsten minimalistisch ausgestattetes Fitnessbike in der Garage liegen habe. Am Bahnhof angekommen sah ich nämlich fast so aus, wie damals zu meiner Kinderzeit, wenn ich nach ausgiebigem Pfützenspiel total verdreckt zuhause von meiner Mutter gemaßregelt wurde. Nun gut, die Steckschutzbleche sind ab sofort Bestandteil meiner Radgrundausstattung. Aber ich habe auch diesen Tag durchgehalten und bin den Verführungen des Autos nicht verfallen. Fahrradfahren bei Regen geht, ist aber grenzwertig und macht nur mit entsprechender Schutzkleidung und -ausrüstung Sinn.

Samstag, 08.09.2018. Ich entscheide einen Tag zuhause zu verbringen. Der Garten muss winterfest gemacht werden, und außerdem liegt schon mehr Laub auf dem Boden, als in den Vorjahren im September. Das Fahrrad muss nach dem gestrigen Regentag auch geputzt werden.

Sonntag, 09.09.2018. Die Sonne ist zurück. Weil ich noch ein paar Kilometer auf meinem Stadtradelkonto verbuchen möchte, geht es auf nach Trebbin, ein Eis bei Konrad, bevor ich die erste Woche mit gut 270 Kilometern abschließe.