Schule 2021: Wo sind unsere menschlichen Werte geblieben?

Wie tief sind die menschlichen Werte, die wir uns insbesondere im vergangenen Jahrhundert selbst geschaffen haben, bereits gefallen? Menschlichkeit, respektvoller Umgang, Achtung der Persönlichkeit, Gewalt- und Aggressionsfreiheit und Vertrauen in die Qualifikation von Fachleuten sind der Ausdruck einer aufgeklärten Zivilgesellschaft. Leider ist heute der Umgang miteinander seit einiger Zeit immer häufiger geprägt durch Aggression, persönliche Diffamierung, Egoismus, verbale Bedrohungen und die Verbreitung von bzw. dem Glauben an „gefälschte Wahrheiten“. Nein, ich meine jetzt nicht die zweifelhaften Demonstrationen von sogenannten „Querdenkern“ oder „Reichsbürgern“, die zwar unser System leugnen bzw. abschaffen wollen, sich aber schamlos trotzdem immer auf ihre vermeintlichen Grundrechte dieses Systems berufen. Nein, es geht mir um den ganz persönlichen Umgang miteinander auch in unserer Stadt.

Mir wird immer wieder berichtet, dass mittlerweile sogar Schule als Ziel solcher Angriffe in den Mittelpunkt gerät. Lehrerinnen und Lehrer werden nicht nur beschimpft, weil sie z.B. die gesetzlich vorgeschriebene Maskenpflicht und Testpflicht an unseren Schulen umsetzen. Plakate und Flyer, die zum Widerstand gegen Maßnahmen der Lehrkräfte auffordern, Belästigungen von Lehrerinnen und Lehrern im Privatbereich und sogar Strafanzeigen gegen Lehrkräfte, nur weil diese ihre Pflicht nach dem Gesetz erfüllen, überschreiten rote Linien des menschlichen Umgangs miteinander. Man muss nicht immer mit allen Entscheidungen der Gesetzgeber konform sein, aber niemand hat das Recht, diejenigen, die die Gesetze lediglich auszuführen haben, dafür zu attackieren. Unsere Lehrerinnen und Lehrer erfüllen nur ihren gesetzlichen Auftrag, unsere Kinder auf ein verantwortetes und selbstbestimmtes Leben vorzubereiten. Die Nötigung von Lehrpersonal, Gesetze und Verordnungen zu ignorieren, die dem Schutz und der Unversehrtheit der Kinder dienen soll, kommt strafrechtlich der Aufforderung zur Begehung einer Straftat nah. Dessen sollten sich diejenigen bewusst sein, die derzeit massiven psychischen Druck auf Lehrkräfte ausüben.

Die Lehrerinnen und Lehrer an den Trebbiner Schulen leisten einen unverzichtbaren Beitrag für die Bildung unserer Kinder. Das sollte allen Eltern spätestens jetzt in Zeiten von „Unterricht zuhause“ und den damit verbundenen eigenen Belastungen bewusst geworden sein. Das Lehrpersonal erfüllt auch trotz der massiven Corona bedingten Mehrbelastungen tagtäglich seinen Lehrauftrag, und das nicht aus Pflichterfüllungsbewusstsein, sondern weil das Wohl der Kinder in den außergewöhnlichen Zeiten doppelt so wichtig ist. Die Lehrkräfte verdienen deshalb großen Respekt und Anerkennung, nicht aber persönliche Anfeindungen, die bis in die Privatsphäre reichen.

Thomas Berger
Bürgermeister