„Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst“

Kennedy und die Trebbiner Baustellen

Als John F. Kennedy diesen Satz aussprach, meinte er damit, dass es unmöglich sei, dass eine Gemeinschaft zum Allversorger seiner Bürgerinnen und Bürger werden kann, sondern dass jeder Einzelne auf der Basis seiner persönlichen Freiheit zuallererst auch für sein Leben selbst verantwortlich ist. Darüber hinaus gibt es Aufgaben, die nur in der Gemeinschaft zu leisten sind, wie zum Beispiel der Schutz eben dieser Freiheit des einzelnen, die Sicherheit und Ordnung als Grundlage eines friedlichen Zusammenlebens, der Schutz und die Unterstützung für die Schwachen, die nicht selbst in der Lage sind, sich zu helfen. All diese Aufgaben sind aber eine Gemeinschaftsaufgabe aller Mitglieder einer Gemeinschaft.

Auch die Städte und Gemeinden unseres Landes sind eine Gemeinschaft von Bürgerinnen und Bürgern, die sich zuallererst in ihrem persönlichen Leben frei entfalten wollen. Darüber hinaus sind die Bürgerinnen und Bürger aber in vielerlei Hinsicht auf die Gemeinschaft angewiesen. Die Gemeinschaft, also kurz „die Stadt“ sorgt für eine ausreichende Verkehrsinfrastruktur, damit sich die Menschen in unserer Stadt frei bewegen können. Die Stadt errichtet und betreibt Schulen und Kitas, um unsere Kinder und Jugendlichen bei ihrem Weg ins Erwachsenwerden mit einem ausreichenden Rüstzeug fürs Leben auszustatten und ihnen mit einer qualifizierten Bildung Chancengleichheit zu gewähren. Die Stadt betreibt Sport- und Freizeiteinrichtungen, damit sich die Menschen in unserer Gemeinschaft wohlfühlen können. Und die Stadt sorgt für angemessene Rahmenbedingungen, die es Unternehmern ermöglicht, Arbeitsplätze für die Bevölkerung zu schaffen und zu sichern, damit die Menschen in unserer Stadt die wirtschaftliche Grundlage haben, ihre persönliche Freiheit zu sichern. Aber die Gemeinschaft hat auch einen Anspruch darauf, dass jeder die gleichen Rechte genießen darf, und vor allem, dass niemand durch Übergriffe anderer in seiner Freiheit beeinträchtigt wird. Und genau dafür hat sich die Gemeinschaft Spielregeln gegeben, nämlich in Form von Vorschriften und Gesetzen. Freiheit endet nämlich immer dort, wo sie beginnt, die Freiheit des anderen zu beschränken.

Die Stadtverwaltung muss all diese Aufgaben, die sich die Gemeinschaft gesetzt hat, umsetzen. Sie macht es nicht zum Selbstzweck, sie macht es im Auftrag der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt. Nach dem geltenden Rechtssystem regeln die Bürgerinnen und Bürger einer kommunalen Gemeinschaft ihre Angelegenheiten im Rahmen der bestehenden Gesetze nämlich selbst. Die Organe „Stadtverordnetenversammlung“ und „Bürgermeister“ als gewählte Vertretungsorgane der Bürgerschaft und die Stadtverwaltung als Ausführungsorgan handeln Hand in Hand. Die Verwaltung hat allerdings auch die Spielregeln, die sich die Gemeinschaft gegeben hat, auszuführen, bzw. muss die Einhaltung dieser Spielregeln überwachen. Dazu ist sie gesetzlich verpflichtet.

In letzter Zeit häufen sich allerdings die Rechtsbrüche gegen die Schutzgüter unseres gemeinschaftlichen Zusammenlebens. Ganze Häuserzeilen werden durch Schmierereien verschandelt, mutwillige Zerstörungen an Haltestellen, auf Spiel- und Sporteinrichtungen sowie anderen Einrichtungen der Allgemeinheit verursachen Jahr für Jahr erhebliche Schäden und Folgekosten. Die Täter nehmen für ihre persönliche Selbstbefriedigung in Kauf, dass den Eigentümern hohe finanzielle Belastungen entstehen, um ihr Eigentum wieder in Ordnung zu bringen. Auch unachtsam weggeworfener Müll in Natur und Landschaft, aber auch auf unseren öffentlichen Plätzen führt regelmäßig zu hohen öffentlichen Kosten für die Beseitigung. Da Geld aber nur einmal ausgegeben werden kann, müssen deshalb andere wichtige Dinge in unserer Stadt immer wieder aufgeschoben werden, auf die unsere Bürger dringend warten.

Die Diskussion der vergangenen Wochen insbesondere auch um die dreiwöchige Sperrung der Beelitzer Straße hat sehr deutlich gezeigt, dass sich in unserer Stadt anscheinend bei manchen Mitbürgern eine neue Form des rücksichtslosen Egoismus breit gemacht hat. Hier wird Recht und Unrecht in eine nicht mehr tolerierbare Schieflage gerückt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung werden beschimpft und teils aggressiv bedroht, nur weil sie ihre Aufgaben ordnungsgemäß erledigen. Der Gesetzeshüter wird zum vermeintlichen Kriminellen gemacht. Verkehrsteilnehmer brechen wiederholt gewaltsam Zaunsperren an der gesperrten Beelitzer Straße auf, um die "schnelle Lösung" zu wählen, und beschimpfen die Mitarbeiter der Verwaltung dabei noch als "Idioten vom Rathaus". Diese kriminelle Erscheinungsform ist übrigens nicht neu. Bereits im vergangenen Jahr wurden Absperrungen bei der Straßenbaumaßnahme in Stangenhagen mehrfach gewaltsam entfernt.

Ebenso sehen Motorradfahrer nicht ein, warum sie den neu gemachten Bürgersteig, der immerhin fünfstellige Summen gekostet hat, nicht befahren dürfen, und beschimpfen noch die entgegenkommenden Fußgänger, die ihnen den Weg „versperren“. Auch alltägliche Verkehrsregeln, die zum Schutz eines friedlichen Miteinanders aufgestellt wurden, werden schamlos gebrochen. Parken auf Bürgersteigen und in Parkverbotszonen führt zur Beeinträchtigung der Freiheit von Fußgängern, Kinderwagen und Rollstuhlfahrern, schränkt diese Mitbürger also in ihrer Bewegungsfreiheit ein bzw. gefährdet diese sogar. Außerdem sind Bürgersteige nicht für den Fahrzeugverkehr ausgebaut und erleiden dadurch Schaden. Dennoch zeigt sich bei den Tätern keine Einsicht. Im Gegenteil, das Fahren und Parken auf Bürgersteigen gilt bei diesen Verkehrsteilnehmern als „Selbstverständlichkeit“, parken in Parkverbotsbereichen ist "Kavaliersdelikt". Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die nichts anderes machen, als die Ordnung wieder herstellen, werden beschimpft und als „Abzocker“ bezeichnet. Vor kurzem wurde sogar ein Mitarbeiter, der lediglich seine Pflicht erfüllt hatte, körperlich von einem Verkehrssünder angegriffen. Wenn jemand, der gerade die Gesetze der Allgemeinheit gebrochen hat, auf die er sich bei anderer Gelegenheit so gerne beruft, sein eigenes Unrechtsverhalten dann auch noch auf diejenigen, die nichts anderes machen, als diese Gesetze zu überwachen, zu übertragen versucht, dann stimmt etwas nicht im Rechtsempfinden dieser Mitmenschen.

Mit unsachlichen Attacken in der Presse, Strafanzeigen bei der Polizei und Dienstaufsichtsbeschwerden über Mitarbeiter wird versucht, sich zu Lasten der Allgemeinheit weitere Freiräume zu schaffen. Die Schuldigen erheben sich zu Richtern über diejenigen, die mit der Einhaltung der öffentlichen Ordnung von den Bürgern beauftragt wurden. Bedenklich wird diese Entwicklung spätestens dann, wenn sogar die veröffentlichte Meinung sich diesem Trend anschließt, dem Verwaltungshandeln unisono Fehlerhaftigkeit unterstellt wird, und somit Rechtsbruch als „Kavaliersdelikt“ verharmlost wird. Damit wird solchen vereinzelten Egoismuserscheinungen der Nährboden für eine rasche Ausbreitung bereitet.

Dieser gefährlichen Tendenz kann die Gemeinschaft der Bürgerinnen und Bürger nicht tatenlos zusehen. Wer vom Staat Dienstleistung erwartet, muss auch die Spielregeln der Gemeinschaft respektieren. Die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt erwartet zu recht, dass sie vor solchen Rechtsverstößen einzelner, die vielleicht die Dienste des Staates gerne in Anspruch nehmen, sich allerdings ansonsten nicht mit den Spielregeln der Gemeinschaft anfreunden wollen, geschützt werden. Anders funktioniert unser Gemeinwesen nicht. Meine Mitarbeiter und ich werden unbeschadet der ungerechtfertigten Beschimpfungen und Übergriffe der letzten Zeit auch zukünftig sicherstellen, dass die Sicherheit und Ordnung bei uns aufrecht erhalten bleibt. Dazu sind wir verpflichtet, und das haben wir Trebbin und den Ortsteilen versprochen.

Frage nicht nur, was Trebbin für dich tun kann, sondern was du auch mal für Trebbin tun kannst. Nur so ist ein friedliches Miteinander in Freiheit in unserer Stadt möglich.

Thomas Berger
Bürgermeister